Mit Blackguards wagt sich Adventure-Profi Daedalic auf ein neues Terrain. Nach zwei Point n' Klick-Umsetzungen
der DSA-Lizenz liefert die Hamburger Firma ein waschechtes Taktik-Rollenspiel ab.
Dazu kommt dieses nicht mehr im gewohnten 2D-Stil daher, sondern nahezu vollständig in 3D.
Wir haben diesen Titel erst mal gut abhängen lassen um ihn jetzt genauer auf seine Qualitäten zu untersuchen.
Animierte Zwischensequenzen wie diese sucht man mit der Lupe, und bewegen tut sich da auch nicht viel. |
Als DSA-Fan hat man es nicht leicht. Vor mehreren Jahren gab es mit Drakensang zwar eine
gute und auch halbwegs erfolgreiche, aber auch sehr schnell eintönig werdende Spielumsetzung
der Rollenspiel-Lizenz. Von der extrem durchwachsenen Neuauflage des 90er Jahre-Klassikers
Schicksalsklinge reden wir lieber gar nicht erst.
Mit Blackguards macht Daedalic vieles anders und löst auf den ersten Blick verstärktes
Stirnrunzeln aus. Der als Rollenspiel vermarktete Titel bietet kaum alternative Lösungswege,
Orte sind nicht frei erkundbar, sondern nur eine Sammlung von Standbildern mit einzelnen
Aktionsmöglichkeiten und die gesamte Optik sieht mehr nach einem amerikanischem Südmeer-Fantasy-Titel
aus und hat mit der gewohnten DSA-Präsentation kaum noch etwas gemein.
Doch wenn man über diese ersten Ungereimtheiten hinwegsieht und sich unvoreingenommen
auf das Spiel einlässt, kann man ein sehr unterhaltsames, nicht perfektes und alles andere
als einfaches Taktik-Rollenspiel entdecken, dass sich nicht verstecken muss.
Dabei ist die Einstiegshürde nicht ganz unerheblich. Die über fünf Kapitel verteilte
Story braucht viel zu lange um in Fahrt zu kommen. Weder die anfängliche Flucht aus dem
Gefängnis, das Zusammentreffen mit den ersten beiden Gefährten oder deren Charaktere sind
wirklich packend oder kreativ. Einzig dass man als Gesuchter auf der Flucht ist wird im Lauf
der Handlung immer wieder gekonnt aufgegriffen.
Die ersten zwei Kapitel bieten noch keinerlei nennenswerten Freiraum. Ein paar Gebiete
sind zu entdecken und man lernt nach und nach das Steigerungs- und Kampfsystem. Eine richtige
Erläuterung fehlt leider und selbst Kenner der Vorlage werden nicht sofort durchsteigen. Oft
ist man auf wiederholtes Ausprobieren und Analysieren der Kampfereignisse angewiesen, bis man
merkt wo die Schwachpunkte der eigenen Charaktere und Kampfstrategie liegt. Dann kann man nur
hoffen noch genug Erfahrungspunkte oder alternative Quests offen zu haben, um den Mangel durch
gezieltes Steigern der nötigen Attribute, Talente, Zauber oder Sonderfertigkeiten zu beseitigen.
Dass man trotz dieser Hürden nicht in die Tastatur beißt, liegt am wirklich gelungenen Level-Design.
Die Lernkurve ist gerade am Anfang zwar recht steil, aber nicht unfair. Wer regelmäßig seine Fortschritte
speichert hat eigentlich immer eine Möglichkeit eine Lösung zu finden, unabhängig davon welche Präferenzen
man für die Charakterentwicklung hat. So hatten wir am Anfang zwar mit unserem Nahkämpfer-Protagonisten
schnelle Erfolge, doch wäre er als Bogenschütze deutlich nützlicher gewesen. Mit dem schlagkräftigen und
robusten Zwerg Naurim erhält man nämlich direkt am Start einen ausgesprochen robusten Nahkämpfer, während
der Zauberer Zurbaran mit seinen Zaubern sowohl die Gruppe aufpeppelt, als auch den Gegnern einheizt. Einen
reinrassigen und effektiven Fernkämpfer erhält man erst später im Spiel. Und dennoch konnte sich unser
Doppel-Nahkämpfer-Gespann in der Kampagne erfolgreich behaupten.
Immer wieder schwierig: Die Blume erlegen ohne dass sie zu früh kommt. |
Nachdem das Spiel im dritten Kapitel nochmal die Schwierigkeitskurve merklich anzieht
und den Spieler mit Giftattacken und komplexen Fallensystemen en Masse foltert, bekommt
man zur Belohnung im Folgekapitel ein großes zu erkundendes Gebiet mit vielen Quests. Da die
Charaktere inzwischen alle recht gute Werte haben und auch Geld kein großes Problem mehr ist,
kann man ab diesem Zeitpunkt das Spiel in vollen Zügen genießen. Selbst kleinere Mängel wie das
etwas sperrig zu bedienende Kauf-Inventar und die Rüstungsberechnung trüben den Spaß zu diesem
Zeitpunkt nicht mehr. Dafür spielt das Spiel ab diesem Zeitpunkt seine vorhandenen Stärken zu
gut aus. Auch die Story hat nun endlich Schwung aufgenommen und das einzige Hindernis dieser zu
schnell zu folgen, sind die immer mächtigeren Gegner, für die man sich wappnen muss. Da aber auch
die Nebenquests im Großen und Ganzen abwechslungsreich gehalten sind, ist das zusätzliche Hochleveln
vielmehr Vergnügen als Frustarbeit.
Schwer bepackt: Bis man seine Waffen und Rüstungen gut im Griff hat dauert es sein Weilchen. |
Technisch merkt man dem Titel an, dass er Daedalics 3D-Erstling an. Weder die Details der Figuren,
noch die Animationen entlocken Begeisterungsstürme. Alles in Allem wäre das Spiel auch auf Systemen
der Jahrtausendwende wohl noch spielbar. Die Sprachausgabe ist genau wie die musikalische Untermalung
solide. Seinen Charme entwickelt das Spiel trotz der Mängel aus der Mischung von knackiger Taktik a la
Jagged Alliance, einem frischen und düsteren Anstrich für die DSA-Kulisse und einer Handlung die nach
dem ersten Drittel auch wirklich zu motivieren weiß.
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