Fast hätten am Anfang dieses Testes die Worte "same procedure as every year" gestanden,
bis ich bemerkte, dass bereits meine Einleitung zu Fifa 12 genauso angefangen hat. Es ist
aber auch symptomatisch: Jährlich beglückt EA Sports Fußballfans weltweit mit einem neuen...
Nun, genau da fängt es auch schon an: Wie nennt man das Kind beim Namen? Aufgrund der lobenswert vielen
offiziellen Lizenzen und Clubs, die in der Reihe vertreten sind, besteht natürlich der Zwang, das
virtuelle Spiel dem Wechselkarussell der Realität anzupassen. Nicht nur das, auch Trikots und neue
Gesichter müssen auf den aktuellen Datenträger. Würde man sich darauf beschränken, so könnte man ein
Online-Update anbieten. Da Fifa aber offensichtlich der Goldesel unter den Lizenzen ist, gibt es eine
Vollversion per anno. Zum Vollpreis. Bei so einer Vermarktung kann man den Fans dann aber eben nicht
nur ein Update anbieten ohne dass diese lautstark protestieren würden. Also wird jährlich an den feinen
Stellschrauben des Spiels gedreht.
Fies: In Tarnfarben auflaufen |
Wie sehr daran gedreht wird, entscheidet, ob Fifa eher als Aktualisierung der Spielerdaten
wahrgenommen wird oder als ein Spiel mit vielen (sinnvollen) Neuerungen, die den vollen Preis
rechtfertigen. Als Rezensent steht man vor dem Problem, dass man nicht viel mehr leisten kann,
als die Neuerungen aufzuzählen in einem ohnehin über jeden Zweifel erhabenen Produkt. Machen wir
uns nichts vor: Fifa ist das Referenz-Fußballspiel auf dem Markt, was nicht nur an der riesigen
Zahl an Lizenzen liegt. Der einzig ernstzunehmende Konkurrent PES stellt sich schon seit geraumer
Zeit selbst ins Abseits, wenn man dem Stimmungsbild im Internet Glauben schenken darf.
Serverprobleme oder nicht gerade vertrauensbildende Aussagen darüber, dass von PES angeblich
keine Next-Gen-Version erscheinen wird, sind nicht gerade das, was man gute PR nennen kann.
Als Fan will man natürlich auf dem neusten Stand bleiben. Allein deswegen zuckt es
schon in den Fingern. Darüber hinaus gibt es allerdings auch noch so etwas wie
Gruppenzwang. Gut, kurz vor Release kam dieses Jahr GTA V heraus und in der subjektiven
Wahrnehmung ist Fifa ein wenig untergegangen. Aber trotzdem hat im eigenen Bekannten- und
Freundeskreis fast jeder sofort Fifa 14 besessen. Möchte man spielerisch mit-
beziehungsweise gegenhalten oder grundlegend technisch auch online mitspielen können,
führt schon kein Weg an der 14er-Version vorbei. Nebenbei gehört es zum guten Ton der
Avantgarde wie selbstverständlich sich erst einmal über sämtliche Neuerungen zu beschweren
und zu schimpfen. Irgendwann wird sich damit arrangiert, dann ist es auf einmal doch nicht
so schlecht und wenn die Gewöhnung oder gar Liebe zum Spiel eingesetzt hat, geht das Spiel
mit dem neuen Release von vorne los.
Was ist also neu? - Die erste Neuerung, die ins Auge springt, ist das im Vergleich
zur Vorversion deutlich aufgeräumtere und modernere Menu. Ein wenig angelehnt an die
Kacheloptik von Windows 8 oder den Playstation-Store findet man sich weitaus besser in
der Vielfalt der Möglichkeiten zurecht: Die virtuelle Bundesliga, der Karrieremodus, und
die Saison, bei der man nun mit einem Mitspieler fest gegen andere antreten kann. Auch das
in der Vergangenheit liebgewonnene Ultimate-Team wurde um die von EA sogenannten
"Chemistry Styles" erweitert, was nichts anderes heißt, dass man bei der Spielersuche
vermehrt auf Eigenschaften Wert legen kann und sollte, die der Teamchemie zuträglich
sind. Eine bessere "Chemie" der Spieler untereinander stärkt das Mannschaftsgefüge.
Neu und sehr unterhaltsam sind auch die neuen Skill-Spiele, bei denen man sich sehr
ausführlich mit den individuellen Techniken der Spieler auseinandersetzen kann. Allein
hierbei kann man schon ein paar Stunden verdaddeln.
Unterm Strich zählt aber das Gameplay, das sich nun elementar anders anfühlt und
einiges an Eingewöhnungszeit benötigt. Die Spielgeschwindigkeit ist nun erheblich
heruntergeschraubt. EA verfolgt damit den konsequenten Weg, das Spiel immer realistischer
zu gestalten. Das Tempo ist nämlich auf die sogenannte "Locomotion Engine" zurückzuführen:
Ein Sammelbegriff für viele physische Neuheiten. Hat man zuerst das Gefühl, dass der Spieler
nicht mehr so direkt auf die Bewegungen des Controllers reagiert, entwickelt man dann ein
Gefühl dafür, dass so ein Fußballer irgendwie ja den Gesetzten der Physik gehorchen muss.
So wird er aus einem Sprint nicht einfach einen Richtungswechsel im gleichen Tempo machen
können, sondern muss erst einmal abbremsen, den Körperschwerpunkt verlagern, um dann die
Richtung zu ändern. Trägheit der Masse eben. Das sieht vor allem bei Wiederholungen alles
viel realistischer aus, was auch für Ballphysik gilt.
Das Spieltempo wirkt sich auch darauf aus, dass man einen Spielaufbau nun durchdachter
angehen kann und etwas mehr Ruhe hat, zu taktieren. Allerdings ist auf der Gegenseite
dadurch auch mehr Zeit, die Abwehr so zu positionieren, dass überhaupt kein Durchkommen
mehr ist. Zumindest anfangs, wenn man zu zweit auf dem Sofa sitzt und gegeneinander die
Feinheiten der Steuerung erkundet. Die Tempowechsel per Schultertaste fallen deutlicher
aus, sofern man mit einem sprintstarken Mann loslegt.
Das Stadien sind frisch gekachelt |
Des Weiteren wurden bei der Steuerung noch leichte Modifikationen eingebaut, die dem
Handling gut tun. So sind die Tricks oder auch Skill Moves genannt, nun komplett durch
den rechten Stick zu steuern. Die Schultertaste wird nicht mehr benötigt. Ganz im
Gegensatz dazu, wenn man als Angreifer den Ball schützen will. Die Kombination aus
linker unterer Schultertaste und linkem Stick hält den Gegenspieler mittels eigenem
Körper fern vom Ball. In Sachen Mitspieler hat auch die KI zugelegt und bietet sich bei
Angriffen besser an. Will man das konsequent ausnutzen, verzweifelt man aber oft an der
(sagen wir mal) "seltsamen" Auslegung der Abseitsregel. Oft sehen die Situationen in der
Wiederholung gefühlt komplett anders aus, als im Spielgeschehen. Passiert das zehn Mal
hintereinander, ist der Spielfluss deutlich dahin.
Für einen echten Messi braucht es ein 5 Mann Entrümpelungsteam |
Nach wie vor auf hohem Niveau ist die komplette Stadionatmosphäre. Auch die beiden
Kommentatoren Frank Buschmann und Manni Breuckmann haben einige neue Sprüche auf Lager
und erzählen zum Beispiel auch etwas über die einzelnen Stadien, in denen die Spiele
stattfinden. Auf Dauer aber kennt man wieder sehr schnell alle Sprüche und amüsiert sich,
wenn diese mal wieder völlig unpassend eingeworfen werden.
Grafisch ist Fifa auf dem Stand des Vorgängers. Abgesehen von einigen Verfeinerungen
der Gesichter, dem aktiveren Publikum im Stadion oder der oben erwähnten Animationen der
Bewegungsabläufe, an denen stark gefeilt wurde.
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