Man nehme einen stylishen Anzugträger namens Mondo Zappa und gebe ihm ein Katana in die
rechte Hand. Die linke Hand, beziehungsweise den kompletten Arm ersetzt man durch eine
austauschbare, bionische Waffe, mit der man seine Gegner auch aus der Distanz ordentlich
in Schach halten kann. Fertig wäre der perfekte Protagonist für ein Hack´n´Slay, bei dem man
alles niederstreckt, was sich einem in den Weg stellt.
Es gehört aber zum guten Ton und muss eingangs zwingend erwähnt werden, dass Killer is Dead
nicht irgendein Hack´n´Slay ist, sondern dem gleichsam kranken wie genialen Hirn von Goichi Suda
entsprungen ist. Besser bekannt als Suda51 ist er das Mastermind hinter Titeln wie Killer7 oder
No More Heroes, das regelmäßig zu dem Quentin Tarantino des Gamings hochstilisiert wird. Das mag
für Titel wie Lollipop Chainsaw oder das zuletzt von mir besprochene Shadows of the Damned zutreffen,
die für das geneigte Publikum weitaus zugänglicher waren wie die späteren Werke des Regisseurs auch.
Killer is Dead ist da völlig anders. Das eigentlich recht einfache Spielprinzip ist
als solches nicht ohne den Gesamtzusammenhang zu bewerten, den man entweder völlig krank
finden oder als Kunst bezeichnen kann. So zu polarisieren ist ja an sich auch schon eine
Kunst.
Oben genannter Mondo verdingt sich als Auftragskiller in einer nicht allzu entfernten
Zukunft. Da er von einer Agentur beschäftigt wird, die unter anderem von der Regierung finanziert
wird, sind seine Opfer selbstverständlich keineswegs bemitleidenswerte Zeitgenossen, sondern
ungeheuerliche Verbrecher. Praktisch ist es da, dass deren Blut als Antriebskraft des linken
Arms unseres Helden dient. Falls es ihn einmal zu Boden strecken sollte, ist ihm eine Begleiterin
zur Seite gestellt: Ein junges Mädchen, das mit ihrer kreischigen Stimme bestimmt auch Tote
erwecken könnte, Mondo aber im Falle eines Falles mit einer Herzmassage reanimiert.
Unter diesen Voraussetzungen geht es nun gegen Ninjas mit Augapfel-Keulen und monströse
Bossgegner wie Spinnenfrauen mit aus medizinischer Sicht ungünstig verdrehtem Kopf oder
Lokomotiven, die allesamt mit beeindruckenden Blutfontänen aus dem Leben scheiden und
irgendwie mit der dunklen Seite des Mondes in Zusammenhang stehen. Wer darin ein popkulturelles
Zitat sieht, liegt richtig. Ohne käme auch kein Suda51-Titel aus. So finden wir uns zum Beispiel
in der ersten der insgesamt zwölf Missionen in einem Haus wieder, in dem sich die Hieronymus
Bosch-Variante von Alice im Wunderland befindet. Und dreimal darf man raten, wie die Dame,
die sich letztendlich als Missionsziel "entpuppt", heißt.
Im Gegensatz zu den abgefahren Schauplätzen und Gegnern wirkt die Steuerung im positiven
Sinne einfach, gar konventionell. Die Kombos sind schnell erlernt, es zählt die Bewegungsmuster
der Feinde zu studieren um im richtigen Moment zu blocken und dann noch stärker angreifen zu können.
In solchen Momenten wird eine sehr effektvolle Zeitlupe in schwarz-weiß aktiviert, bei der Sin City
mäßig das weiterhin rote Blut noch besser zur Geltung kommt. Die Kämpfe sind auch in keinem Moment
als unfair zu bezeichnen. sollte es doch einmal zu heftig werden, muss man löblich erwähnen,
dass man den Schwierigkeitsgrad jederzeit für die jeweilige Mission ändern kann.
Mit dem Einsammeln zahlreich verteilter Items kann man seine körperliche Verfassung verbessern.
Zum Aufrüsten seines Waffenarsenals dienen die die sogenannten Gigolo-Missionen, die man neben den
Hauptmissionen über eine Weltkarte anwählen kann. Über Sinn und Unsinn dieser Missionen lässt sich
vorzüglich streiten, immerhin geht es dabei um Dates, bei denen man der Angebeteten möglichst unauffällig
auf die weiblichen Vorzüge glotzen und anschließend mit einem Geschenk betören muss. Das kann man Sexismus
nennen, ist aber so dermaßen over the top und nicht ernst zu nehmen, dass man das einfach unter dem
Deckmantel der Ironie verschwinden lassen kann. So glänzt Killer is Dead ohnehin mit einem latent
absurdenHumor, der sich durch die Dialoge und die Story zieht. Viele offene Fragen und ein fehlender
roter Faden, durch den die Gesamtgeschichte zusammengehalten werden müsste, ist hier Programm.
Aus dieser Sicht ist
Suda51 mit Killer is Dead auch viel näher an David Lynch oder Takashi Miike als an
obengenannten Tarantino.
Zur surrealen Stimmung des Spiels trägt die ausgefallene Comic-Optik bei. Harte Kontraste,
Reduzierung und viel Dunkelheit, die regelmäßig durch eine Farbgebung gebrochen wird, die man
unter normalen Umständen als augenkrebsfördernd bezeichnen würde, kann man nur als einzigartig
bezeichnen. Eine Geschmacksfrage mag das sicherlich sein, aber im Vergleich zu dem allgemeinen
Trend, einen Hyperrealismus zu pflegen, ist das ein sehr eigenständiger, künstlerischer Ansatz.
Schade, dass bei dem optischen Spektakel die Kameraführung nicht immer mithalten kann, was
einen oft zusätzlich in Bedrängnis geraten lässt, wenn man gerade mitten im ohnehin schon
hektischen Gefecht ist.
Nicht nur für SM-Spiele geeignet: Pussy Penetrator 2000 |
Perfekt inszeniert ist der Soundtrack, für den sich ein alter Bekannter verantwortlich zeichnet
und auch schon Suda51s jüngere Titel unterlegte. Akira Yamaoka weiß es wie kein zweiter, die kranken
Fantasien mit Tönen zu umspielen. Von Metal bis zu schrägen Synthieklängen wird auf der Klaviatur der
möglichen und vor allem passenden Soundtracks keine Taste ausgelassen. Wenn eine Auflistung der Kills ins Bild gesetzt wird und dazu Smooth Jazz - böse Zungen sagen auch
Fahrstuhlmusik - gespielt wird, lacht das Nerd-Herz.
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