Eine neue Nintendo-Konsole bringt auch immer einen neuen Ableger einer großen
Nintendo-Marke, so haben wir es in den letzten Jahrzehnten gelernt. Und jetzt das!
Von Big N kommt lediglich eine Minispielsammlung und ein neues Mario Bros., kein
richtig großes Mario, kein Zelda, kein Metroid. Statt dessen Zombies. Vage
Erinnerungen an den Wii-Launchtitel Red Steel kommen auf. Gute aber nicht
überragende Technik, tolle Vorzeigefeatures aber nach kurzer Zeit doch ermüdend.
Wird ZombiU das neue Red Steel oder ist es doch ein würdiger Ersatz für Mario & Co.?
Nachdem Zombies nun die neuen Vampire sind, wundern wir uns über die
Themenwahl nur wenig und starten die noch jungfräuliche Konsole, drehen die Lichter
runter und greifen uns das Gamepad. Anders als viele andere WiiU-Titel, kann man
ZombiU einzig und allein mit dem Gamepad steuern. Wiimotes werden ignoriert und nur
im lokalen Multiplayer kann ein zweiter Mitspieler mit dem WiiU Pro-Controller
einsteigen.
Im DDR-Gedächtnisshop war stilecht alles ausverkauft. |
Ohne große Umwege oder Erklärungen landen wir als verirrter Überlebender
im Zombiverseuchten London. Wir haben keine Ahnung was passiert ist und
einzig eine ominöse Stimme aus irgendwelchen Lautsprechern hilft uns. Kurze
Zeit später landen wir in einer kleinen Kammer im Londoner-U-Bahn-Netz und
haben erst mal einen sicheren Schlafplatz. Doch das ändert wenig an der
Tatsache, dass wir im Grunde alleine sind. Die erwähnte Lautsprecherstimme
hetzt uns kurze Zeit später zu immer neuen Botengängen um Waffen, Munition
und mehr Informationen über die Zombieapokalypse zu sammeln. Sympathisch
wird einem der Typ dadurch nicht gerade.
Aber schon bald bleibt uns auch gar nicht mehr genug Zeit oder gar
Ruhe um uns über den Sprecher aufzuregen. Schon ein oder zwei Zombies am
falschen Ort knipsen uns schneller das Licht aus, als wir das Z-Wort
überhaupt aussprechen können. Und dabei mähen wir die doch in Resident
Evil und diversen anderen Zombieshootern gleich Reihenweise über den Haufen.
Schnell merken wir, ZombiU ist viel mehr Grusel und Survive als Action und
Shooter. Bevor wir auf die Besonderheiten der Gamepadsteuerung eingehen,
erstmal einiges grundlegendes.
Hit me baby one more time...
Wir spielen einen Überlebenden, von dem wir nur den Namen und den Beruf kennen.
Dass man über diesen im Lauf des Spiels nicht mehr erfährt, hat einen einfachen Grund:
Er ist ersetzbar. Speichern können wir nur an sicheren Schlafplätzen und sollten wir
mal ins Gras beißen, geht's beim letzten Schlafplatz mit einem neuen Überlenden weiter.
An sich keine große Sache.
Nur dummerweise hat der Neuling nur eine spärliche Notausrüstung, bestehend aus einer
Pistole mit viel zu wenig Munition, einem Cricket-Schläger und ein paar Hilfsmitteln. Damit
reißt man nicht viel.
Also machen wir uns auf zum Ort des Ablebens des Vorgängers. Diese Wege sind zum Glück
meist nicht übermäßig lang und meistens auch Zombiefrei. Erst wenn wir uns dem Schauplatz
des Dramas nähern heißt es aufpassen. Zum einen wird dort wohl noch derjenige rumkreuchen,
der unser früheres Alter Ego auf dem untoten Gewissen hat, als auch besagtes Alter Ego
selbst, mitsamt der gesamten gesammelten Ausrüstung. Bevor es also richtig weitergeht,
gilt es also diesen erst mal zu erledigen um wieder halbwegs gewappnet zu sein.
Und als wäre das nicht lästig genug, können wir unser Hab und Gut nicht einfach im
vorbeirennen aufnehmen. Nein, wir müssen über den Touchscreen vom Gamepad jedes einzelne
Objekt manuell in unser eigenes Inventar oder die Schnellzugriffsplätze ziehen. Das Ganze
geht zwar nach und nach besser von der Hand, ist aber nie wirklich schnell und flott. Und
das ist auch gut so! Warum das so ist, erfahrt ihr gleich noch.
Neu gewappnet geht es also weiter. Nach und nach erkunden wir immer neue Gebiete von London, nutzen
die U-Bahn-Schächte als Schnellreiseoption und freuen uns jedes Mal diebisch, wenn wir einen neuen
sicheren Schlafplatz finden. Daneben lernen wir Hilfsmittel wie Leuchtfackeln zu lieben, um die untote
Meute eine Weile abzulenken, oder simple Bretter um Türen zu verbarrikadieren. Das hält die Hirnfresser
zwar auch nicht auf Dauer auf, verschafft uns aber oft wertvolle Augenblicke die wir nur zu gut
brauchen können.
Abgesehen von der Inventarverwaltung, dient das Gamepad als sehr nützlicher Umgebungsscanner,
Bewegungsmelder und hilft uns Nachrichten anderer Überlebender zu finden. Moment, andere Überlebende?
Ja die gibt es. Allerdings nur in zwei Formen. Zum einen wären da einige wenige NSC's die dem Spieler
hier und da Rat oder etwas neue Ausrüstung verschaffen, übliche Genrekost halt und zum anderen sind
es die eigenen Freunde die ebenfalls ZombiU spielen. Nintendo hat es sehr einfach möglich gemacht,
dass Spieler auf der eigenen Freundesliste, die dasselbe Spiel spielen, an diversen Stellen Notizen
hinterlassen können, die anderen Spielern dann helfen. In ZombiU sind diese Informationen in Form
von verschiedenen Graffitis gestaltet, die sich elegant in die düstere Atmosphäre einfügen. Und
wenn die eigenen Freunde Pech hatten, kann es sein dass man ihren zombifizierten Alter-Egos sogar
im eigenen Spiel begegnet. Besonders charmant ist dies, wenn die betreffenden mittels
Augmented-Reality-Feature ein eigenes Photo von sich 'zombifiziert' haben und das auf
der entsprechenden Figur klebt. Besonders reizend wenn der eigene Chef ebenfalls ZombiU spielt...
[Anm. der Redaktion: Ein guter Moment dein Gehalt kürzen, so Du welches bekämst! ^_~ ]
Immer schön den Fernseher im Augenwinkel behalten. Die Wäsche könnte ja zwischenzeitlich fertig werden! |
Technisch reißt ZombiU keine Bäume aus. Zwar gibt es einige optisch sehr gelungene
Beleuchtungsszenen, und auch der ein oder andere Ort, wie zum Beispiel der Buckingham
Palace, sind optisch sehr gelungene Hingucker, doch bleibt die Grafik meist auf solidem
Mittelmaß und reizt die Hardware bei weitem nicht aus. Für die Atmosphäre ist das aber
nicht abträglich, da die meisten Gebiete eh im Dunkeln liegen, oder noch durch überzeugend
gemachte Sturzbäche im Regen versinken.
Ein großer Atmosphärebonus entsteht durch die Musik, die perfekt zwischen scheinbarer
Ruhe, sicherer Geborgenheit und nervenaufreibender Unsicherheit wechseln kann. Zusammen
mit dem frischen London-Setting fühlt man sich nicht selten wie im modernen Klassiker
'28 Days Later'. Vor allem da man nun endlich einmal versteht, warum selbst ein oder zwei
Zombies schnell das Ende bedeuten können.
Etwas weniger Ernst geht es im Multiplayermodus zu, bei dem ein Spieler über das
Gamepad diverse Zombies platziert, während der zweite Spieler sich mit dem Pro Controller
erwehrt. Wahlweise so lange wie er kann, oder in einer Abart des Capture-the-Flag-Mode.
Herausfordernd sind beide Modi. Schade nur, dass er nur lokal verfügbar ist und nicht mehr
als zwei Spieler unterstützt werden.
Keine Panik! Ist sicher nur ein Flash Mob! |
Ob ZombiU ein Klassiker wird ist fraglich, das Potenzial dazu besitzt es und
es ist definitiv mehr als nur eine Tech-Demo für die neuen Gameplaymöglichkeiten.
All die Kleinigkeiten, die erst lästig erscheinen mögen, wie das Aufsammeln der
Beute, das zurücklaufen mit neuen Figuren, die Trägheit der Schläge und die wenige
Munition führen zu einem Spielerlebnis wie man es lange nicht mehr hatte. Auch das
freischalten neuer Karten durch die Überwachungskameras, die Ausrüstungsverwaltung
in der Basis und das Sammeln neuer Vorräte besitzen einen überzeugenden immersiven Charakter.
Mehr als bei vergleichbaren Titeln steht man oft genug vor der Frage, ob man eher der
eigentlichen Aufgabe nachgeht, oder nicht doch die Gegend nach weiterer Ausrüstung absucht.
Immerhin ist die eigene Traglast begrenzt und mit etwas Pech reicht ein überraschender
Zombie-Angriff schon um einen zu erledigen. Das Radar im Gamepad zeigt zwar fast immer
die Zombies an, aber eben nicht immer, wie auch in der Realität nicht alles immer zu
100% funktioniert. Die Hürde bis man das Gameplay austricksen kann, um es sich als
Spieler einfacher zu machen, ist so hoch wie schon lange nicht mehr in einem Mainstream-Titel.
Actionfreunde mögen hier schnell frustriert aufgeben. Doch wer nicht beim ersten
Scheitern aufgibt, und sich auf das klug zusammengesetzte Gameplay einlässt, kann hier
wirklich langanhaltenden Spielspaß erleben, Spaß am guten Grusel vorausgesetzt.
| Nix für schwache Nerven! |
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Nachdem Ubisoft bei mir langsam den Ruf des Konsolenlaunch-Spieleramsch-Flut-Publizisten
weg hat (Red Steel als Original-Entwicklung davon tatsächlich ausgenommen -
die Unzulänglichkeiten dort mache ich eher an der im Praxistest ernüchternden Hardware fest),
bin ich von ZombieU angenehm
überrascht. Völlig abseits von knuffel Jump'n Run
und 08/15 Ego-Shooter schlägt man in eine Kerbe die kaum mehr 'Hardcore' sein könnte.
Das ist aber auch - wenn man nicht gerade Dark Souls Spieler ist - mit einer
gewissen Einstiegshürde verbunden. ZombiU lebt von seiner Atmosphäre und für die braucht
es Ruhe, Zeit und einen klaren Kopf. Wer das aufbringen kann und auch nur annähernd
Interesse an der Zombie Apokalypse hegt, schlägt unbesehen zu.
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