Resident Evil gehört längst nicht mehr zu den Serien bei denen man genau weiß was man für
eine Art Spiel man bekommt. Eigentlich eine gute Sache, manövrierte man sich doch zunehmend in eine Sackgasse. Schade nur wenn nicht alle Experimente glücken und manch
ein PS1 Lightgunshooter, die vergessenen offline Outbreak Online-Abenteuer oder auch die
jüngsten Mercenaries 3D (das damals zugegeben noch Launch-Titel
Gnade bei der Wertung zu Teil wurde) oder Operation Racoon City qualitativ nicht wirklich überzeugten.
Der dickste Umbruch erfolgte jedoch in der Hauptserie, mit Resident Evil 4, welches
die Serie nicht nur vor dem Exitus rettete, sondern auch eine neue Marschrichtung vorgab und
quasi ein ganzes Genre nach sich Zog. - Den 'Über die Schulter' 3rd Person Shooter. Eine
Richtung die nicht alle Fans freute.
Jetzt müsste man glauben das Capcom damit zur Shooter-Legende hätte aufsteigen sollen,
doch man ließ das System für Teil 5 nahezu unangetastet, als die Konkurrenz sich bereits reichlich
bedient und ordentlich verfeinert hatte. Jetzt also kommt Teil 6... Gears of War Konkurrent, Back to
the Roots oder absoluter Stillstand?
Raccoon City all over again! |
Das Spiel beginnt mittendrin in einem Katastrophenszenario.
Leon, Held des zweiten und vierten Teils, schleppt sich mit unbekanntem Anhang durch
ein brennendes, Zombieverseuchtes Hong Kong; immer versuchend schnell genug den
Buttoneinblendungen Folge zu leisten. Was sich zunächst als verkapptes Tutorial
oder cineastische Einführung abtun lässt, zieht sich daraufhin aber durch fast die
gesamte Kampagne mit Leon und Newcomerin Elena.
Derer gibt es, nach Abschluss des spielbaren Intros, übrigens von Anfang an
drei zur Auswahl. Die erwähnte Leon Kampagne plus zwei ebenso lange Kampagnen, jeweils
mit Chris Redfield & Random Fähnrich und Sherry Birkin (das Kind aus INDIZIERT) & dem
Sohn von Adam Wesker. Jede spielt sich dabei etwas anders und erzählt die Geschichte aus
einer anderen Perspektive, mit teils völlig anderen Szenarien und komplett neuen 'Levels'.
Ist scheinbar alles bewältigt schaltet sich noch eine vierte Kampagne frei, in der ihr mit
Ada Wong (solo) die Antworten auf die letzten offenen Fragen finden dürft.
Da jede Kampagne gut 5 - 6 Stunden dauert, bekommt man so mindestens satte 20 Stunden
Spielzeit für sein Geld, den Multiplayer noch nicht mal berücksichtigt.
Die erste Kampagne, mit Leon, versucht von allen am ehesten den Grusel und Schreckmoment
der alten Teile wieder einzufangen. Da die eigentliche Spielmechanik die eines Shooters ist,
nicht immer einfach. Viel zu viele Quicktime Events ziehen sich durch die nahezu gesamte Kampagne.
Die tut sich als linearer Schlauch auf, selbst wenn mal gerätselt wird. Startpunkt ist das Büro des
Präsidenten, der gerade frisch zombifiziert ist. Von da ab folgt ihr einer Spur eurer Partnerin,
die euch erst mal eine ganze Weile im dunklen tappen lässt. Die Suche nach Antworten als Primärziel
macht dabei aber keinen Spaß, besonders wenn man so enervierend ist wie meine Person. Einer Person über
Stunden durch den Weltuntergang nachzurennen, ohne das die einem erklärt warum ist nicht der Beste Aufhänger.
So wurden Zombies von mir sofern Möglich ignoriert, da eh nie wirklich klar ist ob die gerade unendlich
Nachspawnen. - Dumm wenn die Hauptspielmechanik das Schiessen ist. - So bestand mein Spiel aus Quicktime
Events, Gegner umrunden, Quicktime Events, Zwischensequenzen und Quicktime Events. Ja die QTEs sind
so penetrant und teilweise dumm, das ein Endgegner (zugegeben nur aus Leon Perspektive) allein über das Hämmern einer
einzelnen Taste zu bewältigen ist.
Doch dann kam das letzte Kapitel bestehend aus einem einzigen Endgegner, hart wie Kruppstahl,
ohne Hilfestellungen und ohne Button prompts!
Nach gut 5 Stunden entdecke ich also endlich das 'Spiel' in Resident Evil 6. Das geht in
den anderen Kampagnen auch direkt weiter. Denn Chris Kampagne entpuppt sich als relativ
klassischer Militär-Shooter und lässt komische Quicktime Einlagen nahezu fort. Einlagen
gibt es aber dennoch, so sitzt ihr mal am Steuer eines Jeeps, eines Geschützes oder eines
Senkrechtstarters den ihr (mal mehr mal minder) frei steuert; im CoOp dank Aufgabenteilung
direkt doppelt cool! Grusel sucht man hier vergeblich, aber das was vorhanden ist fluppt,
lässt Freude aufkommen und sieht - wie das ganze Spiel - auch noch mächtig gut aus. Selbst
die Story gefällt hier, da man neben der eigentlichen Handlung tatsächlich auch etwas wie
Charakterentwicklung beobachten kann.
Die dritte Kampagne im Bunde ist die von Blondschopf Sherry und spielt sich nicht
großartig anders, bis auf das an einer Stelle tatsächlich mal eine Karte eingeblendet
wird und man sich nicht mehr im Schlauch bewegt. Insgesamt ist das Tempo hier etwas
gemächlicher, was auch an eurem 'Nemesis'-Artigen Verfolger und damit verbundenen
Schleich-Einlagen liegt. Die (dünne aber seinen Sin erfüllende) Story hingegen, die
sich laut Ladebildschirmen nur voll entfaltet wenn man alle Kampagnen spielt, wirkt
teils wie in die Lücken gequetscht um irgendwie noch Sinn zu machen.
Ein CoOp Partner wird für Adas Solo Kampagne nach-gepatched. |
Als letztes ist dann noch Ada Wong im Bunde, die wohl abwechslungsreichste - und frustrierendste -
Kampagne des Spieles die mit der einen Hand den Spieler von damals umarmt um ihm dann mit der anderen ein Messer
in den Rücken zu rammen. Denn Adas Kampagne hat alles. Ballereien, Rätsel, Grusel, Horror, Ekel,
flache Sprüche und viele, viele, viele unfaire instant Tode! Von letzteren ist das Spiel übrigens
voll, aber die Ada-Kampagne hat mich fast einen Fernseher gekostet (Ich sag nur: U-Boot Flucht!).
Die Story bekommt auch noch mal einen neuen Twist,... ins völlig lächerliche, aber das macht
irgendwie nichts; das gehört zur Serie.
Für mehr Spielzeit ist gesorgt dank Sammelbaren Erfahrungspunkten mit denen ihr Perks
kaufen und verbessern könnt, für neue Durchläufe oder natürlich dem Multiplayer. Online geht
es im CoOp los oder im bekannten Mercenaries Modus. Zusätzlich kann man auch als Monster das
Spiel von jemand anderem betreten und CoOp Teams laufen sich online auch gegenseitig über den
Weg, für Zwischenbosse die gerne mal zu viert unter Feuer genommen werden. (Diese Begegnungen finden auch
offline statt, nur übernimmt das die KI die Charaktere aus der Story-Überschneidung.)
Bizarrre Medallienschlüssel ick hör dir trapsen... Leider Fehlanzeige! |
Die Soundkulisse weiß in allen Punkten zu gefallen und auch grafisch macht Resident Evil 6 viel her,
sofern man die Helligkeit maximiert um überhaupt etwas sehen zu können (auf den empfohlenen Einstellungen
habe ich während der Leon Kampagne unglaubliche Kopfschmerzen bekommen). Eine PS3 Zwangsinstallation
gibt es nicht und Ladepausen sind angenehm kurz. Steuern tut sich das Ganze einwandfrei und viel runder
als in Resident Evil 5, wobei das Deckungsfeature untergeht und das Inventar etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Das jede Kampagne ein optisch anderes aber inhaltlich identisches HUD hat ist... erwähnenswert.
 | Konzeptfreier Blockbuster! |
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Man soll ein Spiel für das Bewerten was es ist, so dass ich nicht zu den Leuten
gehöre die ein Spiel abwerten weil es nicht ihren Erwartungen entspricht. Die Frage die
ich mir bis heute stelle ist nur: Was 'ist' Resident Evil 6 für ein Spiel, oder 'für wen' ist es gedacht?
Dabei geht es nicht um eine Schubladen-Kategorisierung wie Shooter oder Survival-Horror, sondern um die
ganzen eingestreuten Elemente. Leons Grusel Setting passt nicht zur Shooter Mechanik; Shooter Freunde stören
sich am Grusel oder den ganzen künstlichen Bremsen um einen Schlüssel zu suchen, sich zu verstecken oder ein
Rätsel zu lösen; Knobelfreunde sind eh unterfordert und selbst wenn jemand genau die beschriebene Mischung mag,
ist sie doch in jeder Kampagne anders. Die eigentliche Mechanik ist so klar besser als in Teil 5,
aber Resident Evil 5 schien im Gegensatz zu Teil 6 ein ganz klares Konzept zu haben.
Will sagen: Jeder Spieler wird sich an irgendeinem Punkt des Spieles auf die Füße getreten fühlen.
Ja, das Spiel macht meistens sehr viel Spaß - vor allem im CoOp - und ist grandios inszeniert, aber
Zeitlimits von unter einer Sekunde (U-Boot), unendlich nachspawnende Gegner, Backtracking, Versteckspieleinlagen,
Instant Tode und Quicktime Events sind teilweise so penetrant oder frustig eingesetzt dass das gerne mal
ganz schnell vergessen ist.
Dabei wäre es (für meinen Geschmack) so einfach: Wie man eine gelungene Mischung aus Shooter,
Grusel, Erkundung und Kurzweil herstellt hat man eigentlich schon in Resident Evil: Revelations gelernt.
Danke für den ganzen Content, aber weniger wäre in dem Fall mehr:
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