Es geht nichts über Ehrlichkeit und offene Kommunikation.
Und wer jemals schon einen Blick auf Lollipop Chainsaw ergattern
konnte wird feststellen, dass es sich hier um eine ehrliche Haut
handelt. Nämlich die babyzarte Haut von Cheerleaderin Juliet Starling.
Die muss die Welt, bzw. ihren Campus und Umgebung, mit ihrer Kettensäge
von einer Zombieinvasion befreien - effektvoll und blutig. Also ein Spiel
mit gutaussehender Protagonistin im Minirock, wildem Gemetzel und vielen
abgetrennten Körperteilen. Das sieht man(n), das will man(n), das
bekommt man(n)! wie viel ehrlicher kann man seine (männliche) Zielgruppe ansprechen?
Und jetzt weg, bevor die Putzfrau kommt! |
Die Story ist wild wie vernachlässigbar aber
ungemein witzig inszeniert. Am Morgen ihres 18. Geburtstages kommt die süße (aber züchtige) Juliet
zur Schule und findet alles von Zombies besiedelt vor. Also flux die Kettensäge
aus dem Nichts gezogen und die Umgebung in Schaschlik verwandelt, inkl. der Endgegner-Zombies
die alle einer Musikepoche der Neuzeit entsprechen. Punk-Rocker, Rastamann oder Elvis-Verschnitt? Check!
Dumm nur, dass Juliets Freund gerade frisch angeknabbert wurde.
Um zu vermeiden, dass der von dem Biss zombifiziert, wird er vorsichtshalber
enthauptet. Fortan hängt er als lebendiger Schrumpfkopf am Gürtel und sorgt
dort mit seinen Kommentaren für Heiterkeit. - Ein wenig Kumpelhaftigkeit in einem
Single-Player Spiel. - Aber auch Spieltechnisch ist der Thoraxlose Nick zu gebrauchen.
Doch bleiben wir kurz bei der Grundsteuerung. Juliet
kann springen, ihre Kettensäge hoch oder tief schwingen - jeweils gut
für Enthauptungen oder Zombies auf dem Boden - oder die Untoten mit ihren Pompons
betäuben. Sind sie betäubt geht die Enthauptung leichter vonstatten, was bei
einem Pulk Zombies von 3 oder mehr einen Spezialattackenbalken auffüllt,
Bonus-Münzen und Medaillen bringt und ganz nebenbei sehr fesch aussieht.
Wie in so mancher Klopper- oder Schnetzelei kann man im Verlauf mit
diesen Münzen u.a. diverse Combos oder Attributsverbesserungen kaufen. So
wie zum Beispiel in Scott Pilgrim (XBLA/ PSN). Aber genauso wie in letzterem
macht das Spiel dadurch Anfangs nicht halb so viel Spaß wie es könnte.
Denn Juliet reagiert nicht gerade 'sofort' auf eure Kettensägenkommandos.
Das Wort 'behäbig' würde ich dort aber nicht ziehen, vielmehr holt sie halt etwas aus
bevor Sie ansetzt und stellt so die Wucht der Kettensäge gut zur Schau. Dem Spielfluss
zu Gute kommt das Ganz aber tatsächlich nicht, zumal man in dieser Zeit angreifbar ist.
Schade, gerade wenn man bedenkt dass das Spiel sich teilweise wie ein flotter Arkadeautomat
präsentiert, auf dem fett SEGA prangen könnte.
Hat man aber erst mal ein paar Combos gesammelt und verinnerlicht tut sich ein neues
Spielgefühl auf. Wild um die eigene Achse rotierend und Zombies köpfend löst man dann alle
paar Sekunden den Sparkle Modus (so nennt sich der Modus bei 3 oder mehr Enthauptungen, in
dem allerlei Herzchen und Lichteffekte rumflittern) aus und metzelt sich plötzlich in
Lichtgeschwindigkeit durch die Horden. Wirklich schön verketten wie in einem Bayonetta
lassen sich die aber nicht, so macht euch dennoch auf eine Menge Gegentreffer gefasst.
In der Hauptrolle des Bösewichts: Marylin Manson. |
Doch die Zombiehatz ist nicht nur auf Kettensäge und Pompons begrenzt.
So erhält man später im Spiel einen Schusswaffenaufsatz für die Kettensäge
und vollführt diverse Manöver mit Nicks abgetrenntem Kopf. Auch Nick selber
kann man steuern, aber nur in Form eines ab und an eingestreuten Quicktime Events;
oftmals mit Todesfolge bei Versagen, gekoppelt mit oft schlechten Checkpoints.
Nur metzeln unter dauerhaften Kulissenwechsel ist langweilig. So gibt
es neben diversen Gegnertypen auch ein buntes allerlei an Spielen im Spiel. Messt
euch im sportlichen Wettkampf mit den Zombies, fahrt Sie mit einem Mähdrescher
um oder werdet mit Ihnen Teil diverser klassischer Videospiel Adaptionen.
Natürlich darf auch die Brawler typische Aufzugsfahrt nicht fehlen, diesmal
mit einem besonderen Kniff. Für Abwechslung ist also, gerade zum Ende hin,
reichlich gesorgt; wobei aber nicht jedes Minispiel ein Treffer ist.
Regina Regenbogen musste Umschulen. |
Juliets Abenteuer sieht gut aus, wenn auch etwas unstringent. Erinnert viel an die
Wasserfarbenoptik mit zusätzlichen leichten 'Zeichentrick' Cell-Shading Effekten aus
Street Fighter IV, hat man das ganze zusätzlich mit einer
poppigen Moiré/
Roy Lichtenstein-Optik
versehen und dann nochmal an der Farb-/Kontrastschraube gedreht und einen aus Silent Hill bekannten
Grieselfilter reingehauen. Das Ergebnis ist eine fröhliche Bonbongrafik die man versucht
hat mit noch mehr Effekten in Richtung Grindhouse zu drehen. - Durchaus passend, denn so lässt
sich das Spiel auch beschreiben. Denn obwohl Juliets Kettensäge Herzchengewitter, Funken und
Regenbögen nach sich zieht fliegen rigoros die abgetrennten Körperteile durch die Gegend.
Dennoch wäre für mich hier weniger mehr gewesen, bzw. die Festlegung auf Eins von Beidem.
Vom Sound her gibt sich Lollipop Chainsaw aber keinerlei Blöße mit vielen harten
Gitarrenklängen diverser Bands unter Leitung von Akira Yamaoka (Silent Hill),
vom Stil her ein wenig angesiedelt bei den musikalischen Endgegnern.
| Stolperndes Tanzmariechen! |
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Trotz massiver Begeisterung im Vorfeld war ich von Lollipop Chainsaw zunächst enorm
ernüchtert. Die vielen Grafikfilter, unrunde Steuerung, Quicktime Events mit Instant-Deaths,
gepaart mit teils unvorteilhaften Checkpoints und saudumm platzierten Ladezeiten rechneten
ab mit einer überhöhten Erwartungshaltung.
Und dann, ein paar verinnerlichte Combos und viele Witze später,
machte sich nach und nach die pure Spielfreude breit und wog fast alles wieder auf. Die 5 bis 6 Stunden
die Lollipop Chainsaw dauert habe ich mit Freuden am Stück verbracht und auch für Wiederspielwert
ist mit zwei Abspännen und weiteren Extras, Combos, Attributsverbesserungen, Schwierigkeitsgraden
und natürlich Ranking Modi gesorgt.
Eigentlich schade, dass Lollipop Chainsaw bei eigentlich ansehnlicher Technik noch so viele
kleine Macken hat. Das und das schmerzliche Vermissen eines Zwei-Spieler Modus, denn dann Stünde
einer Höchstwertung nichts mehr im Wege. Lohnen tut sich das Ganze trotzdem, wenn man nicht die
Präzision eines Beat'em Ups sucht und ehrlichen Spass haben will! Etwas angeknabberte:
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