Was ist los mit der Welt? Square Enix hat sein neues Flaggschiff vom
Stapel gelassen, und die Wellen schlagen nicht höher als bei einem normalen
Triple-A-Titel! Wo sind die Menschenschlangen, wo die wochenlange Berichterstattung
über jedes neu animierte Haar? Selbst die Glaubenskrieger nutzen die Gelegenheit nicht
die alte Fehde zwischen JRPG und RPG erneut anzuheizen? Immerhin reden wir hier von Final Fantasy,
dem Elvis Presley der Videospiele, dem heiligen Gral der Haarspalterei.
Man sollte den ausbleibenden Hype positiv sehen. Die letzten Titel hatten alle einen immensen
Wirbel um ihr Erscheinen aufgebaut, der am Ende eigentlich gar nicht mehr erfüllbar war. Dazu kommt,
dass sowohl XIII als auch besonders XIV, der zweite Onlineableger der Reihe, es seinen Kritikern sehr
leicht gemacht hat. Während ersterer Titel wenigstens noch klare Stärken besaß, kann man zweiten leider
nur als totales Fiasko bezeichnen, dass erst ein Jahr nach Marktstart endlich einen normalen Grad an
Spielbarkeit erreicht hat. Ein böser Schelm wer denkt Square Enix wär gänzlich am Ende.
Und mal ehrlich. Wer hätte nach den Schlauchleveln, dem ellenlangen Tutorial, keinen Minispielen
und primitivsten Nebenmissionen erwartet dass gerade Final Fantasy XIII eine Fortsetzung bekommt? Wir
erinnern uns, X-2, die erste und bis dato einzige Fortsetzung eines Final Fantasy-Titels, hat ein ziemlich geteiltes Echo erzeugt.
Auf der einen Seite belegt Square Enix hiermit, dass sie in der Tat große Pläne mit XIII hatten
und nicht alles umsetzen konnten. Dieses holen sie nun nach und liefern es in Form eines gänzlich neuen Spiels aus.
Zum anderen stellen sie sich damit einer vergrätzten Fangemeinde entgegen, die Lightning und Co nie so
richtig lieb gewinnen konnte. Man muss vor diesem Mut und der dazu nötigen Courage erst mal den Hut ziehen.
Quiktime-Events sind wie Fastfood-Ketten. Keiner mag sie, und
doch verbreiten sie sich unaufhörlich. Hier zum Glück in einer recht gelungenen Umsetzung. |
Gleichzeitig kann man darin natürlich auch ein großes
Entgegenkommen gegenüber den Fans lesen. Immerhin besitzt Final Fantasy XIII-2 so
ziemlich all das was seinem Vorgänger fehlte. Aber eins nach dem anderen.
Das Spiel setzt drei Jahre nach dem Vorgänger an und bringt einen etwas ruhigeren
Einstieg in die Handlung als noch der Erstling. Serah, deren Schwester Lightning eine
der Protagonistinnen des Vorgängers war, lebt in dem beschaulichen Stranddorf Neu-Bodhum
mit ihren Freunden, und versucht auf der Oberfläche des Planeten Pulse ein sicheres Leben zu ermöglichen.
Alle glauben ihre Schwester hätte sich, zusammen mit Fang und Vanille, in eine
Kristallsäule verwandelt um den Absturz der über Pulse schwebenden Sphäre Cocoon zu
verhindern. Nur Serah glaubt als einzige dass ihre Schwester noch am leben ist, auch
wenn sie nicht weiß wo sie steckt.
Als dann quasi aus dem Nichts der junge Noel Kreis auftaucht, sich als
Zeitreisender vom Ende der Welt vorstellt und behauptet Lightning getroffen zu haben,
hält das rosablonde Mädchen nur wenig. Kurzentschlossen begibt sie sich mit ihrem neuen
Begleiter auf die Suche nach ihrer Schwester, die irgendwo in einer anderen Zeit wohl auf sie wartet.
Reden wir es gar nicht schön. Die Story beginnt verquoren und alles
andere als logisch. Aber nach der ersten Verwirrung stört man sich eigentlich gar nicht
mehr daran. Zum einen ist die Geschichte, trotz aller Zeitreisefallen und Tricksereien
deutlich zugänglicher als im Vorgänger und zum anderen liefert sie ein äußerst gelungenes
Gerüst für den späteren Spielablauf. Und ehrlich, wer erwartet von Spielen mit Zeitreisen
Realismus? Jungs, da steht 'FANTASY' im Titel, muss man noch mehr dazu sagen?
Viele die den Vorgänger gespielt haben, werden gewiss gequält die Augen verdrehen ob
der Tatsache dass man nur mit Noel und Serah spielt. Letztere nervte im Vorgänger schon
als Off-Kommentatorin (eine Rolle die jetzt ihre Schwester übernimmt, was für sich schon
ein schöner Kniff ist um beide Titel in einen homogenen narrativen Rahmen zu stellen...),
und soll nun auch noch die Hauptfigur sein? Schon Vanille hat ja das Maß an Erträglichkeit
sehr nah an die Kariesgrenze geführt.
Doch man kann klar Entwarnung geben. Obgleich Serah stellenweise ungemein naiv ist,
wirkt sie doch authentischer und bald schon sympathischer als noch ihre verbissene
Schwester mit ständig wechselnden Feindbildern, oder die ewig schuldbewusste Vanille.
Serah entwickelt sich zwar nicht zur Vollblutamazone, ist aber im Zusammenspiel mit dem
eher besonnen-ruhigen Noel eine gute Trägerin für das Spiel.
Ergänzt wird die Gruppe von Monstern die, einmal im Kampf besiegt, trainiert und individualisiert
werden können und im Kampf eine dritte Rolle einnehmen. Ab und an kriegt man auch Geleitschutz von
den anderen Protagonisten des Vorgängers, wirklich Kontrolle hat man über diese aber nie.
Das Kampfsystem, eine der größten Stärken des Vorgängers, wurde nahezu unverändert übernommen.
Ergänzt wurden die Bosskämpfe durch ein paar auflockernde Quicktime-Events. Ebenfalls auflockernd
wirken die immer wieder verfügbaren Gesprächsoptionen, mit denen man die Gespräche rudimentär
individualisieren kann. Eine Wahlfreiheit bei der Handlung gibt es aber wie gehabt nicht, doch
war dies bei JRPGs auch meist nicht anders. Immerhin gibt es nun mehr als ein Ende, und durch
die vielfältigen Nebenmissionen existiert tatsächlich eine Motivation nach dem Ende des Hauptspiels
weiter dran zu bleiben. Neben den erwähnten Nebenmissionen gibt es auch sonst nicht
wenig zu entdecken auf Serahs und Noels Zeitreise.
Nachdem in XIII schon ein Freizeitpark präsentiert wurde der optisch das Golden Saucer aus VII alt
aussehen ließ, kann man diesen nun auch endlich richtig erkunden und sich an Chocobo-Rennen beteiligen.
Dazu kommen kurzweilige Minispiele. Der Umfang alter Teile wird diesbezüglich zwar nicht ganz erreicht,
dies wird aber durch viel Liebe im Detail und einer fröhlich-lockeren Präsentation fast wieder wettgemacht.
Nicht vergessen wollen wir die Rückkehr der Mogrys. Mehr als sonst dient der kleine Begleiter diesmal als
Allzwecktool. Von der Multifunktionswaffe, über Gegnerradar, Schatzsucher und Pausenclown ist er das
Schweizer Taschenmesser des Gameplays, was keineswegs negativ gemeint ist.
Sieht nicht besser aus als der Vorgänger, aber um Details zu erkennen ist es in den Kämpfen eh meist zu hektisch. |
Das Spiel ist im Grunde strikt in diverse Orte unterteilt, die man, einmal im Lauf der Handlung
freigespielt, jederzeit wieder bereisen kann. Nach und nach werden die Orte auch in verschiedenen
Zeitebenen freigeschaltet. Einige Aufträge lassen sich erst in der Zukunft oder der Vergangenheit
eines Ortes lösen. Sonderlich schwer sind die Aufgaben aber dennoch nicht gestaltet, und die Navigation
zwischen den Zeitebenen ist nahezu Narrensicher gestaltet. Das bringt eine angenehme Kurzweiligkeit
in das Spiel, obgleich man dennoch nie ganz aus dem Kontext der großen Rahmenhandlung herausfällt.
Die meisten Gebiete sind in ihrem Umfang zwar überschaubar, bieten in ihrer Menge und den zeitlichen
Differenzen ausgiebig Stoff für lange Erkundungen. Dies ist auch bitter nötig, denn wenn man sich nur mit
der Hauptgeschichte befasst, wird man nach nicht mal 30 Stunden das Ende erreicht haben, ein kleiner
trauriger Rekord in der Final Fantasy Reihe. Doch wie erwähnt sind die Nebenmissionen gelungen
eingebunden, und man muss schon fast ein Kostverächter sein wenn man sich nur durch die reine Haupthandlung spielt.
Eigentlich kein Frauenspiel. Immerhin muss man sich im Sekundentakt neu entscheiden. |
Optisch besticht das Spiel einerseits durch gelungene Abwechslungsreiche Szenarien, die erstaunlich
glaubhaft das Gefühl vermitteln wirklich dieselben Orte in verschiedenen Zeitebenen zu erleben. Auf
der anderen Seite merkt man, dass es doch insgesamt ein paar Abstriche gab um das Spiel auch auf der
Xbox360 mit weniger Discs ausliefern zu können. Schlecht sieht es keineswegs aus, aber im Vergleich
zum Vorgänger merkt man schon einige sehr kleine Abstriche.
Musikalisch kann das Spiel meist überzeugen. Einzig der Elektro-Dance Einschlag bei einigen
Kampf-Themen ist wohl Geschmackssache.
Rundherum ist der neueste Teil von Square Enix Mega-Saga als gelungen zu bezeichnen. Es gibt
weiterhin den Mut zu neuen Elementen (Quicktime-Events, Fortsetzung eines ungeliebten Erstlings,
Monstergefährten....) als auch genug Vertrautes und von Fans geliebtes. Auch die Handlung ist
deutlich zugänglicher als noch im Vorgänger.
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