Eigentlich bin ich tot. Zwei gnomische Leichenbestatter karren mich durch hohe
Räume und entsorgen mich in einen Schacht. Aus.
Da erwache ich in einem Leichenhaufen und taumele ziemlich benommen in das
Spiel Kingdoms of Amalur - Reckoning. Das gehört zur Sparte der Action-Rollenspiele
ähnlich Zelda oder Fable, orientiert sich in seiner Hintergrundgeschichte an den
wohl ziemlich bekannten Fantasy- Romanen eines R.A. Salvatore, wurde federführend grafisch
gestaltet von dem Comiczeichner Todd McFarlane (Spawn) und spielmechanisch designed
von Ken Rolston, der uns schon die Oblivion-/ Morrorwind-Welten geschenkt hat.
Nachdem mein Charakter rollenspieltypisch gestaltet
ist (Name, Rasse, Aussehen, Geschlecht) wuseln und kämpfen wir uns erst
mal durch die ersten Gegner nach Jemandem, der uns in unserem totalen
Nichtwissen um Situation und Lage ein Licht in dieses düster anmutende
Kellerambiente setzen kann. Einer der Leichenbestatter findet sich wieder,
freut sich über unsere gelungene 'Wiedergeburt', gibt die ersten
Informationen preis und schickt uns dann in die Spielwelt von Amalur hinaus.
Kingdoms of Amalur: Reckoning - Ein Rollenspiel bekennt Farbe! |
Ein böser König der Feien bedroht Amalur und seine Völker. Ihn gilt
es schlussendlich, in die Schranken zu weisen. Auf dem Weg zu diesem Ziel
gibt es Haupt-, Fraktions- und Nebenquests zu erfüllen sowie kleinere
Aufgaben, die uns die Bewohner von Amalur antragen. Die gelungene Absolvierung
beschert uns Belohnungen in Form von speziellen Items, Fähigkeiten, Geld und/
oder einem Fortkommen in der Hauptgeschichte.
Vor dem Preis aber kommt der Fleiß: Unzählige Monster, Banditen und die
Schergen des bösen König trachten nach meiner Lebensleiste und setzen das aus
Fantasy-Spielen hinlänglich bekannte Arsenal an unterschiedlichsten Waffen,
magischen Fähigkeiten oder gemeinen Kauwerkzeugen gegen meinen Charakter ein.
Zum Glück verfüge ich schon über ein gewisses Geschick im Führen und überhaupt
den Besitz von eigenen Waffen und/ oder der Anwendung von Zauberei bzw. magischer
Artefakte. Dieses Geschick lässt sich durch das Vergeben von Punkten in den Bereichen Macht,
Raffinesse, Zauberei etc. steigern und verfeinern. Dabei bleibt mir überlassen, ob ich
in magische, kriegerische oder eher schattenkämpferische Fähigkeiten investiere. So ich
irgendwann unzufrieden mit meiner 'persönlichen Entwicklung' sein sollte darf ich,
gegen ein gewisses Entgelt, alle bisher vergebenen Punkte zurücksetzen und neu verteilen.
Die Kämpfe selber gestalten sich schön intuitiv und machen mir Spaß.
Mit fortschreitender 'persönlichen Entwicklung' erlange ich neue Techniken, die sich zu
feinen Kombos kombinieren und einsetzen lassen. Das ist schön anzuschauen, hat einen Hauch
von taktischem Vorgehen und macht vor allen Dingen Laune. Wenn ich mich blockend,
bogenschiessend und klingenschwingend durch gegnerische Gruppen metzele und diese
wunderschönst animiert das Zeitliche segnen, leuchten Spielkinds Augen. Extrafein wird es,
wenn mein Weltenretter mit geskripteten Finishing-Moves Steintrolle oder feuerspeiende
Grottenelfen, bildschirmfüllend und geradezu cineastisch in Szene gesetzt, ihrer Bestimmung
als blutige Erinnerung in meinem amalurischen Kriegerleben zuführt.
Gefallene Feinde hinterlassen genretypisch Waffen, Geld oder andere Dinge. Gleiches tun
verborgene Schatztruhen, Beutesäcke und herumliegende Leichen und Skelette. Die Möbel der
Häuser in den zahlreichen Ortschaften bieten ähnliche Optionen. Nur kann das bedeuten, dass
bei einem illegalen Selbstbedienen die örtliche Wache ihren Pflichten nachkommt und uns bestraft.
Nach den ersten 14 Stunden befinde ich mich immer noch in
der ersten von offensichtlich mehreren Regionen, die es zu erforschen und von
Gegnern zu befreien gilt in Amalur. Ich weiß nun über die verschiedenen Völker
halbwegs Bescheid, bin über meine außergewöhnliche Rolle als Weltenretter
informiert und habe schön meine Fähigkeiten unter 'Raffinesse' geskillt:
Bogenschiessen und das Schwingen magischer Feienklingen gehen gut von der Hand.
Zudem habe ich erste Talente im Schmieden durch Ausbildung gegen Bezahlung
erhalten und kann jetzt waffen- und rüstungstechnisch selber tätig werden
und die gewonnenen Gegenstände mit entsprechenden Items tunen oder gar
auseinandernehmen und neu (und schlagkräftiger) zusammenlöten.
Greift ihn an, bevor er ein Gedicht globbert! |
Leider weiß die Hintergrundgeschichte nicht sonderlich zu fesseln.
Das habe ich alles schon gehört und alles schon gesehen. Die verschiedenen
Aufgaben kommen ohne jede Rätselelemente aus und bestehen vielfach aus dem
Suchen und Metzeln von bösen Buben und dem Ansichnehmen bestimmter Gegenstände.
Die Umgebungsgrafik mit ihren Bonbonfarben und ewig überdimensionierten
Räumlichkeiten ist zwar schön dreidimensional aber wenig originell. Gleiches
gilt bisher für die Gestaltung der Menschen, Monster und sonstigen Lebewesen.
Wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich denken der Screenshot stammt aus Final Fantasy XIV. |
Dafür macht das Entwickeln meines Charakters Spaß und ich scheitere nicht an allzu
verschachtelten Talent- und Fähigkeitsbäumen (zumal da ja auch noch die kostenpflichtige
aber gerngesehene Undo- Option besteht). Das Ausstatten mit neuen Waffen oder Rüstungsteilen
ist etwas umständlich, zeitigt aber deutlich und nachvollziehbar unterschiedliche Ergebnisse
im Hacken & Slayen meiner Gegner. Gerade die Klingen und Stäbe mit dem Element Feuer fackeln
fein über den Bildschirm.
So riskiere ich auch nach zig Stunden Spielzeit immer noch einen Blick in all
die Truhen und Taschen, die mir auf meinem Weg begegnen. Zumal mir durch meine
eingeschlagene Spezialisierung als Schurke und Jäger nicht alle gefundenen Leckerli
für meinen Charakter zum Einsatz zur Verfügung stehen. Ich werde wohl durch eigenes
Schmieden und reichlich Tränke die eher mangelhafte Rüstung meines auf 'Finesse' statt auf 'Kraft'
fokussierten Helden ausgleichen müssen und weiter ständig nach noch stärkeren Klingen,
Dolchen und mächtigen Langbogen Ausschau halten.
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Auch wenn Kingdoms of Amalur aussieht wie Fable III in hässlich, gibt es mehr zu skillen, zu reden und
vor allen Dingen kämpft es sich um Welten geschmeidiger. Ein Knopf für je Nahkampf- und
Fernkampfwaffe, Schild und Zauber und dennoch mit einer breiten Aktionspalette, resultierend
alleine aus Timing und Drückdauer. Die Story bietet einen guten Aufhänger und eine sehr gute
Einführung, geht aber, wie Peter es schon anmerkte, mit samt der Welt und den Dialogen irgendwann
im Fantasy-Allerlei unter. Es ist nicht schlecht, aber halt auch nicht herausragend. Herausragend ist
einzig - ihr ahnt es - das Kampfsystem. Kingdoms of Amalur: Reckoning ist eines der wenigen
Rollenspiele wo ich nicht Kämpfe um zu sehen wie die Story weiter geht, welcher Loot dropt
oder um ein Level zu schaffen. Ich kämpfe um des Kämpfens willen und was nebenher geschieht
ist ein erfreulicher Bonus! Jetzt bitte noch einen Co-Op Modus und die Golden Axe-Lizenz, Danke!
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