Nach zehn Jahren lässt Maxis wieder einen neuen Ableger seiner Erfolgsreihe auf die
Spieler los. Schaffe schaffe Häuslebaue - Und die Featureliste ist Lang: genau simulierte
Einwohnern, noch mehr Synergieffekte zwischen Städten, fester Multiplayereinbindung,
flotter 3D-Grafik und alles viel viel besser. Wären da nur nicht der Online-Zwang,
gewaltige Startprobleme, Bugs und einige falsche Versprechungen.
Ganz so schlimm ist es zwar nicht, aber von einem runden und problemlosen Start kann
man wirklich nicht sprechen. Dennoch sollte man vorab klarstellen, dass hier offenbar
vieles von EA vorgegeben wurde, und die eigentlichen Entwickler daran nur bedingt Schuld
tragen. Zudem konnten wir am zweiten Tag nach offiziellem Start schon ohne nennenswerte
Probleme auf den Servern spielen. EA war immerhin auch so kulant, für Frühkäufer eine
Entschädigung in Form eines Gratis-Spiels aus ihrem Origin-Store anzubieten. Die angebotenen
Titel haben dabei einen Wert von 5 -20€, da gab es schon weniger einsichtige Publisher in
jüngerer Vergangenheit...
Es gibt doch noch Gründe für PC-Gaming! |
Doch kommen wir zum eigentlichen Spiel. Am grundsätzlichen Spielablauf hat sich nicht
viel verändert, aber insgesamt wurde an dem altbewährten Konzept doch an sehr vielen
Stellen geschraubt, aber dazu später mehr. Anfangs wählt der Spieler eine Region, die
je nach Größe 3 bis 16 Städte beinhalten kann und beginnt dort mit seiner ersten Stadt.
Nachdem man Straßen verlegt und diese mit der Autobahn verbunden hat, werden nach und nach Wohn-,
Gewerbe- und Industriegebiete ausgewiesen. Wasser und Strom müssen auch irgendwo herkommen,
also flugs ein Kraftwerk und einen Wasserturm aufstellen. Dann geht es pö a pö weiter.
Krankenhaus, Feuerwehr, Polizei, Bildung und so weiter und so fort. Je mehr die Stadt wächst,
desto anspruchsvoller werden die Sims und man kriegt immer mehr zu tun um das Wachstum auch
ja am Laufen zu halten. Soweit hat sich im groben nicht viel verändert. Aber spätestens wenn
man nach viel zu kurzer Dauer an die Kartenbegrenzung der Stadtfläche kommt, macht sich das
erste Mal Verwunderung beim Spieler breit. Das war doch mal alles viel größer.
Durch die geringe Kartengröße kann man bei weitem nicht alle Ausbaumöglichkeiten
ausreizen. Flughafen, viel Schwerindustrie und dann noch was für die Touristen?
Keine Chance. Und warum kann ich im Finanzmenü kaum noch etwas einstellen? Generell
bewegt man sich viel weniger als noch beim Vorgänger in irgendwelchen Menüs. Fast
alles wird direkt über die Platzierung der Gebäude gesteuert. Schnell wird man auch
skeptisch ob die Bewohnerzahlen für einige Gebäude wirklich stimmen. Und so ganz
scheinen die auch nicht alle simuliert zu werden....
Hier spürt man, dass sich beim neuen Sim City doch sehr viel verändert hat und
mit vielen alten Gewohnheiten gebrochen wurde. Das meiste mag auf den ersten Moment
irritierend und Spielspaßbremsend wirken. Andererseits sollte man überlegen wo Sim City
mit seinem letzten Serienteil stand. Die Verwaltung und das Management der Stadt waren
ungemein herausfordernd geworden, vom Speicherverbrauch des Spiels mal ganz abgesehen.
Sim City 4 war gelinde gesagt kackschwer.
Wohl aus gutem Grund fehlt beim neuen Serienableger eine angehängte Nummer, stellt es
doch eine deutliche Neuausrichtung des ursprünglichen Spielkonzepts dar. Dies kann man
im Grunde auf zwei wesentliche Faktoren runterbrechen. Zum einen wird die Stadt viel
mehr über die Gebäude, die Gebietszuweisung sowie die Straßenplanung gesteuert. Dass
sowohl Gebäude als auch Straßen nun Upgradebar sind, betont diesen Aspekt zusätzlich.
Menüs gibt es kaum und auch sonst schaut man nur ab und an in die vielfältigen Infografiken
die zwar nicht immer sofort ersichtlich sind, nach einer kurzen Lernphase die Abläufe aber
ungemein transparent machen. Weiteres Feedback kann man direkt an den Sims bzw. den Gebäuden
und dem Verkehr ablesen. Auch wenn nicht alle Fahrzeuge korrekt simuliert werden, macht es
Spaß die Verkehrslage zu analysieren und nach Verbesserungen zu suchen, damit die Feuerwehr
das nächste Mal nicht im Berufsverkehr stecken bleibt.
Zum anderen lebt Sim City von den möglichen Synergieeffekten zwischen den Städten.
Als Solospieler muss man daher nicht mehr bloß eine Stadt verwalten, sondern man baut
sich nach und nach eine ganze Region aus drei bis sechzehn Städten auf, was dann auch den
an sich einfachen Schwierigkeitsgrad schnell wieder relativiert. Natürlich kann man eine
Region auch mit mehreren Spielern bespielen, aber damit dies gut funktioniert fehlen noch
einige Funktionen wie die Gründung von Spielergemeinschaften und ähnlichem. Hier hat sich
Sim City stark bei MMO-Konzepten a la WoW und Eve Online bedient, diese aber noch nicht
wirklich rund umgesetzt.
Und ich dachte die Saints Row Rechte wären an Koch Media gefallen und nicht an EA?! |
Dennoch, das Fokussieren einzelner Städte auf bestimmte Aspekte macht überraschend viel
Spaß, wenn man das Prinzip erst einmal verinnerlicht hat. Braucht meine Prozessorenstadt
vielleicht doch einen Flughafen, oder baue ich lieber die Zuganbindung aus? Kann ich nicht
ein paar Arbeiter mehr in die umliegenden Städte auslagern?
Ehe man es sich versieht, ist der alte Optimierungswahn wieder da, der schon zu Zeiten
der ersten beiden Siedler-Spiele (von denen sehr dreist aber gekonnt der Wusel-Faktor geklaut
wurde) für schlaflose Nächte sorgte. Dabei verschmerzt man schnell, dass nur ca. 10% oder
weniger der Bürger wirklich simuliert werden, und auch dies nur in sehr vereinfachter Form.
Der Spieler hat dennoch den Vorteil, dass er ein viel direkteres Feedback auf seine Aktionen
bekommt. Getrübt wird dies leider noch durch ein paar Bugs die ab und an das Verkehrswesen
blockieren, oder auch mal dafür sorgen, dass alle glücklich sind, nur einer aus nicht
nachvollziehbaren Gründen unglücklich bleibt. Aber wozu gibt es schließlich Bulldozer...
Trautes Heim, Glück allein! |
Das neue Sim City ist ein gewagter Wurf, der aber mit der Zeit geht und
definitiv sehr viel Charme und altbekannten Spielspaß mit sich bringt. Serienkenner
sollten sich vor Augen führen, dass hier vieles anders als bisher angegangen wird und
dem Konzept durchaus eine Chance geben. Der umstrittene Onlinemodus muss nicht jedem schmecken.
Immerhin arbeitet die Community offenbar schon sehr stark an inoffiziellen Patches die den
Onlinezwang bald wohl aushebeln werden und was die Bugs angeht, wird EA wohl hoffentlich selbst
seine Lehren gezogen haben und fleißig nachbessern. Ob es neben den sehr fraglichen Release-DLC's
weitere DLC's geben wird ist keine Frage. Die Frage ist eher ob es, wie bei den Sims, neben reinen
DLC's auch richtige Add-Ons geben wird. Inhaltlich wäre dazu noch in vielen Bereichen Luft. Generel
merkt man bei längerem Spiel immer wieder vereinzelte kleine Mängel in dem Konzept. Zwar lässt sich
das Verbechen und auch die Brandgefahr perfekt bekämpfen, was aber genau die Gesundheit hebt und
wie man Luftverschmutzung ideal bekämpft, wird nur grob umrissen. Hier ist experimentierfreude
und viel Geduld vonnnöten. Doch wird Sim City durch diese Kleinigkeiten längst nicht unspielbar.
| Weder Fisch noch Fleisch, aber lecker! |
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Während jüngere Spieler mit den Umstellungen und den Auflagen durch die Onlineanbindung
wohl wenige Probleme haben werden, wird sich so mancher älterer Spieler wohl zu Recht
fragen, ob das alles so nötig war. Zweifellos bietet das Onlinespiel mit anderen einen
großen Reiz, aber noch ist das Konzept, anders als beispielsweise bei Civilization, zu
unausgewogen. Zu sehr hängt es davon ab ob die anderen Spieler ähnlich oft spielen, so
dass es nur in einer festen Spielrunde wirklich Sinn macht. Aber auch alleine kann man
viel Spaß dabei haben, eine große Region mit über einem Dutzend Städte zu besiedeln, und
nicht nur die Städte bis ins letzte zu optimieren, sondern auch das Zusammenspiel
innerhalb der ganzen Region.
Für den Mut zum neuen gibt es daher vier Sterne, den fünften hat Maxis leider durch
zu viele Unrunde Details verspielt, die wohl frühestens in einem Nachfolger behoben werden.
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