Man muss sich das mal vorstellen. Irgendwo in Japan vor ca. 20 Jahren in einem stickigen
Büroraum sitzen ein Haufen verschwitzter Otakus um einen großen Tisch. Der Boss schreit
in die Runde:"Wir brauchen dringend einen Helden wie Super Mario. Eine Jump-and-Run-Figur,
die so gut ist, dass wir sie praktisch als Maskottchen verwenden können!". Alle grummeln,
tuscheln und brainstormen wie wild. Immer wieder werden verschiedene Tiere und Wesen in die
Runde geworfen, aber meist gleich wieder verworfen, da sie nicht agil genug für dieses Genre
sind oder schon von anderen Herstellern verwurstet wurden. Und wieder der Boss:"Auf Leute! wir
werden ein Spiel entwickeln, das wie Mario auf Speed sein wird. Es wird ein einziger
Adrenalinrausch werden! Aber wer wird unser Held?". Jetzt meldet sich aus einer Ecke ein
zitternder Mitarbeiter. Der Angstschweiss steht ihm auf der Stirn. Und er sagt folgende
Worte:"Warum nehmen wir nicht einfach einen Igel?".
Fürs Pilzesammeln hat unser blauer Igel leider keine Zeit, auch wenn man als Spieler bei solch schöner Grafik ein ums andere male eine Pause einlegen möchte. |
Wie es dazu kam, dass ausgerechnet dieses in Natura doch eher
träge Tier das Rennen gemacht hat ist inzwischen wohl ziemlich egal, denn dieser
kleine blaue Igel hat Videospielgeschichte geschrieben und wurde (zumindest zeitweise)
ein ernsthafter Widersacher im Kampf gegen den großen Feind Nintendo.
Inzwischen sind einige Jahre ins Land gezogen und Sonic ist genau wie
Sega nicht mehr der big Player von einst. Zu oft wurden die Erwartungen der Fans erst mit
großen Versprechungen ins Unermessliche getrieben und dann beim Erscheinen des Games
bitterlich enttäuscht. Mitnichten waren alle Sonic-Spiele der letzten 10 Jahre Flops,
aber eben auch nicht die Spielspassgranaten und Verkaufserfolge der großartigen Mega Drive Episoden.
Nun versprach Sega mit dem jüngsten Teil eine Besinnung auf die
Stärken der Serie und eine Rückkehr zum zweidimensionalen Spielspaß vergangener Tage
mit einem Schuss moderner Technik und Grafik. Aus purem Selbstschutz waren die Sonic-Fans
aber erst mal vorsichtig mit der Vorfreude, doch - und so viel kann ich schon mal
vorwegnehmen - völlig zu unrecht.
Der Eindruck täuscht, denn meist seht ihr Sonic von der Seite. |
Sonic Generations spielt sich im Grunde genau so flott wie einst der Großvater auf
dem Mega Drive. Der einzige Unterschied, der sofort auffällt, ist die Unterteilung in zwei
Sonic-Typen. So gibt es den Ur-Sonic, der optisch und spielerisch dem alten Sonic gleicht
und einen modernen Sonic, der etwas anders aussieht und der öfter mal in eine Art "Pseudo-3D-Mode"
wechselt. Wer jetzt Angst hat, er müsse in einer offenen Welt mit Sonic irgendwelche Aufgaben
erledigen, der sei beruhigt. Die Levels mit dem modernen Sonic sind am ehesten mit den schnellen
Rennabschnitten seiner Dreamcast-Ableger vergleichbar, ohne allerdings den zweidimensionalen Aspekt
aus dem Auge zu verlieren. Er ist (im Gegensatz zu den Versionen für PS3 und XBOX360) immer nur von
der Seitenansicht zu sehen. Das Spiel ist so aufgebaut, dass man immer erst mit dem klassischen
Sonic ein Level meistert und direkt danach mit dem modernen. Thematisch und optisch sind die Levels
aber sehr ähnlich. Dies erfordert allerdings ständiges Umdenken bei der Steuerung, da der neue Sonic
gewisse Moves drauf hat, die der klassische nicht beherrscht. Das kann einen schon das ein oder
andere Mal aus dem Spielfluss hauen.
Bosskämpfe laufen immer fair ab.
Lernt das Angriffsschema und schlagt im richtigen Moment zu!
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Grafisch ist das Sonic eine absolute Wucht. Es ist zwar nicht mit dem großen Bruder für
die stationären Konsolen vergleichbar, aber auch hier fühlt man sich an die tollen Fankunstwerke
aus dem Netz erinnert (wer die nicht kennt, sollte einfach mal nach dem Künstler "Orioto" das Netz
durchforsten). Da alle immer beim Anblick dieser Artworks riefen "Warum macht Sega nicht mal ein Sonic,
das genau so aussieht?", müssten ja jetzt einige zufrieden gestellt sein. Sonic ist wieder Sonic und zwar
in alle Bereichen. So mag es eventuell einige stören, dass man teilweise nur untätiger Betrachter ist,
wenn Sonic wie eine Flipperkugel durch die Level geschossen wird oder wie eine Rakete durch die wildesten
Loopings rennt, aber wollen wir doch mal ehrlich sein: das ist Sonic, das war schon immer Sonic und das
ist auch gut so.
 | Der Sonic Cycle startet schon wieder! |
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Ich hab's ja gestern noch geschrieben: Sonic Generations ist (für mich!) das beste Sonic
seit 19 Jahren. Die 3DS-Version gehört davon aber eindeutig ausgenommen. Die ist zwar
(der Kopfschmerzen willen in 2D) hübsch anzusehen aber eine teilweise sinnentleerte Portierung.
Denn die spielerischen Unterschiede zwischen den beiden Sonics, also die Prämisse die 'Generations'
eigentlich ausmacht, sind minimal. Der moderne Sonic ist nahezu immer seitwärts scrollend unterwegs,
neu dabei sind nur frustrierende Quicktime-Elemente. Könnte der 3DS vielleicht noch ein wenig darin
punkten die schicken Rendervideos der großen Versionen in 3D abzuspielen, bekommt man die Story nur
noch in Standbildern erzählt. - Sonic Generations für den 3DS ist kein schlechtes Spiel, gerade wenn
man die Rush-Episoden mochte. Aber es ist nicht das was beworben wurde, enttäuscht im Vergleich zum großen Bruder und
warum man den Titel zeitgleich zu Super Mario 3D Land rausbringt muss mir auch erst mal jemand erklären...
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